(Berlin/Düsseldorf, 12. September 2012). In den Wald mit dem Zappelphilipp – geht das überhaupt? Hyperaktive Kinder, die sich leicht ablenken lassen und scheinbar nicht stillsitzen können einerseits, eine Umgebung, die wie keine andere Ruhe und Zeiträume für Besonnenheit symbolisiert, auf der anderen Seite. "Klar funktioniert das", sagt Peter Vieres, Waldpädagoge und Vorstand des Förderkreises "Lernort Natur Bochum und Umgebung e.V.". So gut sogar, dass der Förderkreis für sein Projekt "Wald statt Ritalin" kürzlich auf dem Landesjägertag des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf mit dem "Lernort-Natur-Preis 2012" der Wildtier- und Biotopschutz-Stiftung NRW geehrte wurde. Die Auszeichnung, die mit 2000 Euro dotiert ist, wird für besondere Dienste im Bereich Lernort Natur vergeben.
Seit 2010 läuft das aufwändige Projekt "Wald statt Ritalin" in Zusammenarbeit mit der Cruismannschule, eine Förderschule in Bochum, der Evangelischen Fachhochschule Bochum und der Walderlebnisschule Bochum, unterstützt von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Durch gezielte waldpädagogische Maßnahmen mit Kindern, die unter dem Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) leiden, sollen positive Wirkungen erzielt und die Einnahme von Ritalin, einem Medikament zur Behandlung spezifischer Symptome von ADHS, bestenfalls reduziert werden.
Im Jahr 2010 hatte Waldpädagoge Peter Vieres eine Vorstudie mit Kindern einer Förderschule durchgeführt. Die Ergebnisse der Wahrnehmungs- und Konzentrationstests ermutigten zur Fortführung des Projekts im darauffolgenden Jahr mit drei Schulen unter Einhaltung wissenschaftlicher Standards. Bei der Auswertung konnte ein deutlich verbessertes Sozialverhalten der "Wald-Probanden" gegenüber der Kontrollgruppe beobachtet werden.
Die Studienergebnisse haben dazu geführt, dass die Fachhochschule, die Cruismannschule und die Walderlebnisschule in Bochum ein Netzwerk planen, um weiterhin unter ADHS leidenden Kindern und Jugendlichen zu helfen. Für die Initiative Lernort Natur ist dieses Projekt nur ein herausragendes Beispiel für die vielfältigen Möglichkeiten der von den Jägerschaften betriebenen Naturpädagogik: Insgesamt haben die zirka 4.000 ehrenamtlich tätigen Jäger bundesweit mehr als zwei Millionen Stunden für die Initiative Lernort Natur in den vergangenen 20 Jahren – seit ihrer Gründung – geleistet. Das sind annähernd 10.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit im Monat – Tendenz steigend. In den Vordergrund stellt der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) als anerkannter Naturschutzverband dabei das erlebnisorientierte Lernen.
Der Förderkreis "Lernort Natur Bochum und Umgebung e.V." hat mit der Walderlebnisschule seit zwölf Jahren einen festen Standort in Bochum-Harpen, an dem verschiedene Aktivitäten zum Thema Umwelt- und Naturerziehung durchgeführt werden. Schulen, Kindergärten, Vereine, die Familienbildungsstätte und andere Gruppen nutzen die Angebote. Unter den mittlerweile 120 Mitgliedern des Förderkreises sind zertifizierte Landschafts- und Naturführer sowie Waldpädagogen. Andere haben die zahlreichen Lernort-Natur-Fortbildungen genutzt und können nun als qualifizierte Aktive anderen Teilnehmern die Natur sachgemäß nahe bringen.
LJV-Präsident Ralph Müller-Schallenberg übergibt
den Lernort-Natur-Preis 2012 des Landesjagdverbandes
Nordrhein-Westfalen an Werner Zalisz und Peter Vieres (v.l.n.r.).
Peter Vieres zeigt in der Walderlebnisschule in Bochum:
Regelmäßige Naturerfahrungen machen Kinder stark.
(Fotos: DJV)